Teil III: Benötige ich ein Nutzungsrecht bei der Beantragung von landwirtschaftlichen Nutzflächen im Rahmen der Agrarförderung?

Bereits in den früheren Blog-Beiträgen vom 20.12.2019 (Teil I) sowie vom 16.02.2021 (Teil II) wurde auf die bis dahin umstrittene Frage: „Benötige ich als Betriebsinhaber (Landwirt) ein Nutzungsrecht an meinen beantragten beihilfenfähigen Flächen?“ näher eingegangen. Der EuGH hat am 07.04.2022 eine neue ergänzende Entscheidung verkündet und bestätigt die bisherigen Entscheidungen – grundsätzlich.

In Deutschland ist kein Nutzungsrecht nachzuweisen

Das Bundesverwaltungsgericht hat – in Auslegung der Unionsvorschriften zur GAP 2005-2013 – und der EuGH – in Auslegung zur GAP 2013-2022 – zusammenfassend geurteilt: Zwar fordern die jeweiligen Unionsvorschriften der GAP nach dem Wortlaut, dass die vom Landwirt beantragte Fläche diesem „zur Verfügung stehen“ muss, damit wird jedoch nicht gefordert, dass der Landwirt einen Nachweis eines Nutzungsrechts, z. B. in Form eines (wirksamen) Pachtvertrages führen muss.

Rumänien forderte einen Nachweis nach nationalem Recht

Der EuGH musste sich in seiner neuen Entscheidung vom 07. April 2022 – C-116/20 mit einem Vorabentscheidungsersuchen eines rumänischen Gerichts zur Auslegung der VO 73/2022 und 1122/2009 in den Fassungen aus dem Jahr 2013 erneut mit der Frage des Nutzungsrechts im Rahmen der Agrarförderungen befassen.

Das rumänische Gericht fragte zur Auslegung der Unionsvorschriften sinngemäß u.a. Folgendes an:

Stehen die EU-Verordnungen einer nationalen Regelung entgegen, die die Gewährung einer Beihilfe im Rahmen der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung davon abhängig macht, dass der Landwirt nachweist, dass er ein „Nutzungsrecht“ an der landwirtschaftlichen Fläche besitzt, die Gegenstand seines Antrags ist?

Der rumänische Gesetzgeber hatte im Rahmen der dortigen Flächenanträge vom Betriebsinhaber bei der Antragstellung seiner Betriebsprämie den Nachweis eines Nutzungsrechts gefordert.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH stellte – ähnlich wie in seinen im Urteil zitierten früheren Entscheidungen (Pontini, Bad Dürkheim, WQ) – klar, dass der Wortlaut von Art. 35 der VO 73/2009 nicht näher bestimmt, in welcher Weise die beantragten Flächen dem Betriebsinhaber „zur Verfügung“ stehen müssen.

In Anlehnung an die früheren Entscheidungen arbeitet er weiter heraus, dass, davon auszugehen ist, dass die Vorschriften vom Betriebsinhaber keinen formellen Rechtstitel zum Nachweis des Nutzungsrechts der betreffenden Flächen fordern. Das ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Regelung noch aus dem Kontext, in den sich die Bestimmung einfügt. Es sei auch nicht Ziel der Regelung.

Es kann daher auch weiterhin den europäischen Regelungen nicht entnommen werden, dass dem Betriebsinhaber seine beantragten Flächen aufgrund eines Pachtvertrages oder eines ähnliches Rechts „zur Verfügung“ stehen müssen.

Der EuGH stellt jedoch auch klar, dass es den Mitgliedsstaaten durch die Unionsvorschriften insoweit nicht verwehrt war, nationale Vorschriften zu erlassen, die eine Nachweisführung forderten.

Da Deutschland einen entsprechenden Nachweis auch nach der neuen GAP 2023 gesetzlich nicht fordert, ist die rumänische Rechtslage für Betriebsinhaber in Deutschland unbeachtlich.

Fazit

Der EuGH bestätigt seine und insoweit auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur früheren Rechtslage der GAP bis 2022. Da die Rechtslage in Deutschland hinsichtlich der Nachweisführung auch bei der neuen GAP 2023 unverändert bleibt, ist die Rechtsprechung auf die neue Rechtslage übertragbar.

Wenn der Betriebsinhaber daher die Fläche z. B. aufgrund eines früheren Nutzungsverhältnisses (Pacht- oder Pflugtausch) vom Berechtigten überlassen bekommen hat, und nunmehr Streit über die Rückgabe besteht, liegt weiterhin die tatsächliche Nutzung vor. Somit kann auch die Betriebsprämie beantragt werden. Ob er dem Berechtigten gegenüber ggf. zum Schadensersatzverpflichtet ist, bleibt eine zivilrechtliche Frage.

In Anbetracht des in vielen Regionen demnächst endenden Pacht- oder Pflugtauschjahres am 30.09 bzw. 31.10. und der neuen Antragstellung im Jahr 2023, sollte jeder Betriebsinhaber zur Vermeidung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche prüfen, ob die von ihm auf vertraglicher Grundlage (Pacht/Pflugtausch) genutzten Flächen, noch wirksam bewirtschaftet werden oder eine Rückgabe zu erfolgen hätte.

Gern prüfe ich Ihre Verträge und spreche Ihnen Empfehlungen auch in Bezug auf die Agrarförderungen aus.

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Rechtsanwalt_ Schulz_Hendrik_Leipzig_