Bundesverwaltungsgericht stellt klar: Freiflächen-Photovoltaikanlagen können im Rahmen der EU-Agrarförderung nach der GAP 2013-2022 beihilfenfähig sein.
Sachverhalt – gekürzt
Ein bayrischer Schafhalter begehrte im Jahr 2014 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen und Gewährung von Direktzahlungen nach der VO (EU) 1307/2013 für Flächen, auf denen ein Solarpark errichtet ist. Die Flächen werden aufgrund eines Nutzungsvertrages mit dem Solarparkbetreiber nur mit Schafen beweidet.
Das Landwirtschaftsamt lehnte die Gewährung der Zahlungsansprüche und Direktzahlungen für die Fläche mit der Begründung ab, die Flächen seien nicht beihilfenfähig. Im Kern verwies das Landwirtschaftsamt auf § 12 Abs. 3 DirektZahlDurchfV. Mit dieser Vorschrift habe der Bundesgesetzgeber von seinem Recht Gebrauch gemacht, ein Verzeichnis von Flächen aufzustellen, die hauptsächlich für eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit genutzt würden und deshalb nicht beihilfefähig seien. Das gelte nach Nr. 6 der Vorschrift auch für Flächen, auf denen sich Anlagen zur Nutzung von solarer Strahlungsenergie (PV-Anlagen) befänden.
Das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof München teilten diese Auffassung nicht und wiesen dem Schafhalter die Zahlungsansprüche und die Direktzahlungen für die beantragte Fläche zu.
Landwirt erhält ZA und Prämie
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt nun in seinem Urteil vom 09.03.2023 – 3 C 6.22 diese Entscheidungen und wies die Revision des Landwirtschaftsamtes zurück.
In den Urteilsgründen hebt das Bundesverwaltungsgericht hervor, dass die Regelung von § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV nach dem EU-Recht auszulegen ist.
Wenn Solarpark die Beweidung nicht stark einschränkt, sind Flächen beihilfenfähig
Für die Auslegung ist zunächst Art. 32 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a VO (EU) Nr. 1307/2013 maßgebend. Wenn demnach die konkrete, landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werden kann, ohne durch die Intensität, Art, Dauer oder den Zeitpunkt der nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten eingeschränkt zu sein, gilt die landwirtschaftliche Fläche als hauptsächlich für die landwirtschaftliche Tätigkeit genutzte Fläche. Die Mitgliedstaaten und somit auch Deutschland dürfen die abschließend aufgeführten Kriterien konkretisieren, aber nicht durch andere ersetzen. Die Regelungen müssen zudem mit den allgemeinen Grundsätzen der Europäischen Union, insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gleichheitssatz, in Einklang stehen.
Flächen mit PV-Anlagen sind dann hauptsächlich nichtlandwirtschaftlich nutzbare Flächen i.S.d. von § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV, wenn die PV-Anlagen nach ihrer Bauart und Betriebsweise die ausgeübte landwirtschaftliche Tätigkeit stark einschränken oder einschränken können (sinngemäßer Leitsatz des BVerwG).
Im konkreten Fall waren die Solarmodule so hoch angebracht, dass sie den Grasbewuchs nicht beeinträchtigten und die Schafe darunter ohne Probleme weiden konnten.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt auch klar, dass eine Nutzung als Dauergrünland und Dauerweideland mit einer Beweidung für eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausreicht, wenn die Solarflächen diese konkrete Nutzung nicht stark einschränken. Eine Nutzung als Ackerland oder Bewirtschaftung mit großen Landmaschinen ist hingegen nicht möglich.
Fazit
Für laufende Verwaltungsverfahren nach der alten GAP bis 2022 muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Solaranlage die landwirtschaftliche Nutzung, in der Regel Beweidung mit Schafen und Ziegen, stark einschränkt. Das dürfte bei der Vielzahl der Anlagen wohl nicht der Fall sein.
Für die neue Förderperiode ab 2023 ist anzumerken, dass § 12 Abs. 4 Nr. 6 GAPDZV weiterhin Flächen, „auf denen sich Anlagen zur Nutzung von solarer Strahlungsenergie“ befinden, von der Beihilfenfähigkeit ausschließen möchte, es sei denn, es handle sich um Agri-Photovoltaikanlagen nach Absatz 5.
Nach meinem Dafürhalten verstößt auch diese Regelung gegen das EU-Recht und bedarf einer unionskonformen Auslegung.
Nach Art. 4 der VO 2021/2115, die u.a. die VO 1307/2013 ablöste, wird den Mitgliedsstaaten eingeräumt die Begriffsbestimmungen, u.a. für landwirtschaftliche Fläche und förderfähige Fläche sowie die einschlägigen Bestimmungen festzulegen. Allerdings hat der EU-Gesetzgeber in Abs. 4 den Rahmen der Begriffsbestimmung „förderfähige Hektarfläche“ vorgegeben. Demnach muss die deutsche Definition aus Folgendem bestehen:
„jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, die in dem Jahr, für das Unterstützung beantragt wird, für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird;
12 Abs. 1 GAPDZV berücksichtigt diese Vorgaben. Allerdings schränkt Abs. 4, insbesondere mit der Nr. 6 diese Vorgaben unionswidrig ein. Daher bleibt abzuwarten, ob der Bundesgesetzgeber § 12 Abs. 4 GAPDZV ändert oder die Landwirtschaftsämter selbst eine unionskonforme Auslegung vornehmen.
Sollten Sie für das Jahr 2023 einen Antrag für Flächen gestellt haben, auf denen einen Solarpark steht, die og. Kriterien erfüllt werden und dennoch von ihrem Landwirtschaftsamt nicht anerkannt werden, unterstütze ich Sie gern.