Landpachtvertrag: Das Ende der Schriftform?

Die Schriftform von Landpachtverträgen (§ 585a BGB), die ich in vielen meiner Beiträge thematisiert habe, bleibt ein häufiger Streitpunkt – siehe dazu auch die aktuelle Entscheidung des AG Torgau v. 14.05.2024. Der Bundesgesetzgeber plant im aktuellen Entwurf des vierten Bürokratieentlastungsgesetzes die gesetzliche Schriftform in den Miet- und Landpachtregelungen mit Ausnahme der Vorschriften zum Wohnraum durch die Textform zu ersetzen. Nur für Kündigungen soll die gesetzliche Schriftform (§§ 568 Abs. 1, 594f BGB) weiterhin gelten. Ob dies tatsächlich zu einem Bürokratieabbau in der Landwirtschaft führt und Streitigkeiten über die Laufzeit von Pacht- und Mietverträgen reduziert werden, bleibt fraglich. Durch diese Anpassung könnten sich meiner Meinung nach lediglich neue Fragen ergeben, die wiederum durch zukünftige gerichtliche Entscheidungen geklärt werden müssen.

Update**: Der Bundestag hat das vierte Bürokratieentlassungsgesetz (BEG IV) am 26.09.2024 beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrates steht noch aus (nächste Sitzung am 18.10.2024 -TOP 9 ). Damit wird in allen Gewerbemietverträgen, Pacht- und Landpachtverträgen die Schriftform durch die Textform ersetzt. Für bestehende Landpachtverträge gilt: Die bisherigen Regelungen zur Einhaltung der Schriftform gelten 18 Monate ab dem Inkrafttreten des Gesetzes fort. Das Inkrafttreten erfolgt mit Verkündung im Bundesgesetzblatt. Bei Vertragsanpassungen innerhalb dieses Zeitraums gelten bereits die neuen Regelungen (Art. 229 EGBGB n.F.). Für Gewerbemietverträge und Mietverträge über Grundstücke gilt ein Zeitraum von 12 Monaten ab dem Inkrafttreten.

Was bedeutet Textform?

Gemäß der Definition in § 126b BGB muss zur Wahrung der Textform eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden, in der auch die Person des Erklärenden genannt ist. Ein dauerhafter Datenträger im Sinne des Gesetzes ist jedes Medium, das folgende Kriterien erfüllt:

  1. Es ermöglicht dem Empfänger, die an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm für einen angemessenen Zeitraum zugänglich bleibt.
  2. Das Medium muss geeignet sein, die Erklärung unverändert wiederzugeben.

Was sind die Anforderungen an die Erklärung?

Die Erklärung muss so abgegeben werden, dass sie dauerhaft in Schriftzeichen wiedergegeben werden kann. Die Erklärung selbst muss lesbar sein – eine Sprachnachricht auf einem Anrufbeantworter erfüllt diese Anforderung nicht, auch wenn sie speicherbar ist. Medien, bei denen die Erklärung nur in gesprochener Form übermittelt wird und erst beim Empfänger in schriftliche Form umgewandelt werden müsste, wahren die Textform nicht.

Die Angabe des Namens in einer Erklärung dient der eindeutigen Identifizierung der Person, die die Erklärung abgibt. Bei natürlichen Personen muss der vollständige Name angegeben werden. In Einzelfällen können jedoch auch nur der Vorname, Nachname oder sogar ein Spitzname ausreichen. Wird die Erklärung von einer juristischen Person (z.B. AG, GmbH, eG) oder einer Personengesellschaft (z.B. GbR, OHG, KG) abgegeben, genügt die Nennung der Firma bzw. des Unternehmensnamens. Ein Zusatz, wer konkret die Erklärung abgibt, ist nicht erforderlich, und auch eine Unterschrift ist entbehrlich. Es ist auch ausreichend, wenn die erklärende Person im Kopf einer E-Mail, eines Briefes oder als Absender eines Faxes erkennbar ist.

Welche Datenträger werden erfasst?

Ein Medium ist ein Datenträger, auf dem Erklärungen gespeichert werden können. Derzeit erfüllen diese Voraussetzungen Papier, E-Mails, Computerfax, Festplatten, USB-Sticks, Speicherkarten CD-ROMs oder DVDs. Eine Mindesthaltbarkeit des Mediums ist gesetzlich nicht vorgeschrieben.

Wichtig ist, dass der Empfänger die Möglichkeit hat, eine an ihn persönlich gerichtete Erklärung auf dem Datenträger so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm für einen angemessenen Zeitraum zugänglich bleibt. Ob der Empfänger die Erklärung tatsächlich aufbewahrt, ausdruckt oder speichert, ist dabei nicht entscheidend.

Muss die Erklärung eine Abschlusserklärung haben?

Die besondere Erkennbarkeit des Abschlusses der Erklärung, wie sie bis zur Gesetzesänderung im Jahr 2014 gefordert wurde, ist nicht mehr ausdrücklich Voraussetzung für die Einhaltung der Textform. Es bleibt jedoch umstritten, ob damit das Erfordernis eines Abschlusses entfällt. Der Gesetzgeber beabsichtigte zwar eine Anpassung an die Richtlinie 2011/83/EU, jedoch sollte dies keine inhaltliche Änderung zur Folge haben (vgl. BT-Drucks 17/12637 S. 44). Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung empfiehlt sich daher, die Erklärung mit einer Grußformel, Datierung o.ä. abzuschließen (vgl. BGH, 03.11.2021 – IX ZR 47/11).

Änderung der Rechtsprechung notwendig?

Nach der aktuellen ständigen Rechtsprechung zu § 585a BGB ist die Schriftform nur dann gewahrt, wenn die Einigung über die wesentlichen Vertragsbedingungen in einem von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Dokument festgehalten ist. Sollte die Schriftform durch die Textform ersetzt werden, wird sich eine neue Rechtsprechung etablieren müssen.  Nach meiner Einschätzung müssen die wesentlichen Vertragsbestandteile weiterhin von den Parteien in Textform festgehalten werden, wobei eine Unterschrift nicht mehr erforderlich wäre. Ob die Erklärung in einer einzigen Urkunde oder in mehreren, möglicherweise nicht identischen, Dokumenten erfolgen muss, lässt sich aus der Textform nicht eindeutig entnehmen.

Die in § 126 Abs. 2 BGB geregelte Pflicht, dass Unterschriften auf derselben Urkunde oder – bei mehreren gleichlautenden Urkunden – auf der jeweils für die andere Partei bestimmten Urkunde geleistet werden müssen, entfällt bei der Textform gemäß § 126b BGB. Für Verträge in elektronischer Form bestimmt § 126a Absatz 2 BGB, dass die Parteien gleichlautende Dokumente elektronisch signieren müssen. Die Rechtsprechung betrachtet die Einhaltung der Schriftform als Warn- und Schutzfunktion insbesondere für einen späteren Erwerber. Er soll sich aus einer Urkunde einen Überblick über die wesentlichen vertraglichen Verpflichtungen verschaffen können, da er in den bisherigen Miet- oder Pachtvertrag „eintritt“ (§§ 593b, 566 BGB). Die Textform erfüllt nach allgemeiner Auffassung bisher keine besondere Warn- oder Schutzfunktion, sondern nur eine Informationsfunktion.Nach meiner Einschätzung kann die Informationsfunktion auch nur erfüllt werden, wenn weiterhin gleichlautende Erklärungen der Parteien über die wesentlichen Vertragsbestandteile vorliegen. Es wird sich zeigen, ob der Gesetzgeber auch bei § 126b BGB nochmal nachjustieren muss.

Im Gesetzgebungsverfahren wurde noch diskutiert, ob sich auf mögliche Formmängel nur der Erwerber oder aber – wie bisher – beide Vertragsparteien berufen können. Eine Beschränkung erfolgte nicht, sodass auch zukünftig beide Parteien den Formmangel rügen können, mit der Folge der ordentlichen Kündigung nach § 594a Abs. 1 BGB.

Aktuelle Rechtsprechung 

Das Amtsgericht Torgau – Zweigstelle Oschatz – (Urt. vom 14.05.2024 – Lw 8/23) musste sich mit der Frage der Schriftform eines Landpachtvertrags auseinandersetzen. Zwei Schwestern waren als Miteigentümerinnen im Grundbuch eingetragen und schlossen jeweils auf separaten Vertragsurkunden einen Landpachtvertrag mit einem Landwirt ab. Im Vertragsrubrum wurden als Verpächter die Schwestern jeweils mit Vor- und Nachnamen sowie dem Klammerzusatz „(EG Familienname 1/ Familienname 2)“ aufgeführt. Für die Pacht wurde vereinbart, dass die Zahlung jeweils zu „50 %“ erfolgen sollte.

Das Amtsgericht Torgau entschied, dass die Schriftform eines bis 2031 laufenden Pachtvertrags nicht eingehalten wurde, weshalb der Vertrag gemäß § 594a Abs. 1 BGB ordentlich kündbar war. Der Grund: Sind mehrere Personen auf einer Vertragsseite beteiligt, müssen diese genau im Vertrag bezeichnet werden. Dies hatte der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 11.09.2002 – XII ZR 187/00 klargestellt.

Im vorliegenden Fall konnte nicht angenommen werden, dass die beteiligten Schwestern jeweils die andere vertraten. Zwar wurde auf der Verpächterseite der Klammerzusatz „EG Familienname 1/Familienname 2“ verwendet, was vermutlich „Erbengemeinschaft“ oder „Eigentumsgemeinschaft“ bedeuten sollte, aber es fehlte ein klarer Hinweis darauf, wer wen vertreten darf. Ohne diesen Vertretungshinweis sah das Gericht die Schriftform als nicht erfüllt an. Das Oberlandesgericht Dresden (Az. U XV 821/24) hat in einem Hinweisbeschluss die Entscheidung des Amtsgerichts Torgau bestätigt.