Landpachtvertrag – und täglich grüßt die Schriftform?

Bereits im Blog-Beitrag „Erbe & Pacht“ wurde auf die besondere Bedeutung der Einhaltung der Schriftform bei Landpachtverträgen hingewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 06.11.2020 – LwZR 5/19 seine bisherige Rechtsprechung zum Schriftformerfordernis in Bezug auf den Landpachtvertrag mit einer GbR konkretisiert, im Leitsatz heißt es hierzu:

Ist im Rubrum eines für längere Zeit als zwei Jahre abgeschlossenen Landpachtvertrags als Vertragspartei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Angabe zu den Vertretungsverhältnissen aufgeführt und unterzeichnet für diese ein Gesellschafter ohne einen die alleinige Vertretung der Gesellschaft anzeigenden Zusatz wie etwa einen Firmenstempel, ist die in § 585a BGB vorgesehene Schriftform nicht gewahrt“.

Was habe ich als Landwirt nun zu beachten?

Landpachtverträge können mündlich geschlossen werden. Wenn die Vertragsdauer mehr als 2 Jahre betragen soll, muss der Vertrag schriftlich geschlossen werden (§ 585a BGB). Anderenfalls kann er ordentlich mit der gesetzlichen Frist (~ 2 Jahre) gekündigt werden (§ 594a Abs. 1 BGB).

Die Schriftform wird gewahrt, wenn die wesentlichen Vertragsbedingungen aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsurkunde hervorgehen. Zu den wesentlichen Bedingungen gehören insbesondere:

  • die Vertragsparteien,
  • der Pachtgegenstand,
  • die Vertragsdauer sowie
  • die Pacht

Da das Gesetz in § 585a BGB von Schriftform spricht, ist die Urkunde auch von beiden Parteien zu unterschreiben (§ 126 Abs. 2 BGB). Nicht notwendig ist, dass beide Parteien auf einer Urkunde unterzeichnen, solange beide Parteien ihr identisches Vertragsexemplar unterschreiben; ein Zugang beim anderen Vertragspartner ist dabei nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 07.03.2018 – XII ZR 129/16).

Vertragspartei

Auf der Verpächterseite besteht bei Erben- oder Miteigentumsgemeinschaften häufiger Unklarheit über die „Mitglieder“ und die Handelnden. Aber auch auf der Seite des Pächters kam und kommt es immer wieder zu Streitigkeiten, insbesondere wenn eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts = BGB-Gesellschaft) auftritt.

Seitdem die Rechtsprechung im Jahr 2001 die GbR als rechtsfähig anerkannte, war sie unabhängig vom Wechsel der Gesellschafter selbst Vertragspartei. Da die GbR nicht im Handelsregister eingetragen wird, gab es vielfach Streit über die Vertretung.***

Nach der gesetzlichen Intention sind alle Gesellschafter nur zur gemeinsamen Vertretung berechtigt (§§ 709, 714 BGB). Per Gesellschaftsvertrag kann aber auch einem oder allen Gesellschaftern Einzelvertretung eingeräumt werden.

 Unterschrift der Vertragspartei

Zur Wahrung der Schriftform muss der Vertrag als Abschluss unterschrieben werden. Wenn sich „aus der Vertragsurkunde selbst Zweifel an deren Vollständigkeit ergeben“, dann ist die Schriftform nicht eingehalten. Bei Erben- oder Miteigentumsgemeinschaften fehlt oftmals eine Unterschrift aller Erben/Miteigentümer oder der Hinweis „i.V.“ (in Vertretung) zugleich für die anderen „Mitglieder“ handeln zu wollen.

Unterschrift eines Vertreters auch ohne Vertretungsmacht?

Vertretungsmacht gibt es in verschiedenen Ausprägungen:

  • gesetzliche Vertretungsmacht z. B. Eltern für ihre minderjährigen Kinder
  • rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht – Erteilung durch Vollmacht
  • organschaftliche Vertretungsmacht – Bestellung als Handelnde(r) für eine juristische Person z. B. als Vorstand einer Aktiengesellschaft (AG) oder eingetragenen Genossenschaft (eG) bzw. als Geschäftsführer einer GmbH

In Bezug auf die Einhaltung der Schriftform kommt es nicht auf eine im Handelsregister eingetragene oder überhaupt vorhandene Vertretungsmacht an (BGH, Urt. v. 22.04.2015 – XII ZR 55/14). Entscheidend ist demnach nur die äußere Vertragsurkunde. Kurzum: Kann aus dieser entnommen werden, ob der Unterschreibende auch für die Vertragspartei insgesamt handeln will.

Ob derjenige, der sich als Vertreter benennt und unterschreibt auch wirksam als Vertreter bestellt wurde, ist für die Wahrung der Schriftform unbeachtlich. Der Schutzzweck des § 585a BGB bzw. des im Mietrecht geltenden § 550 BGB gilt dem Erwerber im Falle der Veräußerung. Weil dieser kraft Gesetzes einen bestehenden Vertrag übernehmen muss (§ 566 BGB – Kauf bricht nicht Miete bzw. Pacht), soll er sich über den Inhalt vollständig informieren können.

Ob der Vertrag insgesamt wirksam ist, ist keine Frage der Schriftform.

Unterschrift eines GbR-Gesellschafters – mit „Firmenstempel“?

Bei der GbR, so der BGH in der neuen Entscheidung vom 06.11.2020, bestehen Zweifel über die Vollständigkeit des Vertrages, wenn

  • im Vertragsrubrum (einleitende Bezeichnung der Vertragsparteien) nur der Name der GbR ohne Nennung der Vertretungsberechtigten steht,

und

  • nur eine Person ohne einen Zusatz der Vertretung der anderen Gesellschafter (z. B. „zugleich oder auch V.“) und ohne einen „Firmenstempel“ der GbR unterzeichnet.

Selbst bei einem durch den Gesellschaftsvertrag zur Einzelvertretung ermächtigten Gesellschafter einer GbR ist ein Hinweis auf die (Einzel-)Vertretung (im Vertragsrubrum oder bei der Unterschrift) oder die Verwendung eines Firmenstempels zur Einhaltung der Schriftform erforderlich.

Im Jahr 2013 hat der Bundesgerichtshof bereits über die Verwendung eines Firmenstempels bei einer GbR entschieden. Nach Auffassung der Richter in Karlsruhe erweckt der Firmenstempel einer GbR neben der Unterschrift einer unterzeichnenden Person allgemein den Eindruck, dass diese die alleinige Vertretung der GbR für sich in Anspruch nimmt. Damit seien Zweifel an der Vollständigkeit ausgeräumt und die Schriftform gewahrt.

Was gilt bei der GmbH oder AG?

Die GmbH oder AG können nur eine natürliche Person als Geschäftsführer bzw. Vorstand haben. Wenn mehrere zum Geschäftsführer oder Vorstand bestellt sind, wird Gesamtvertretung vermutet, es sei denn, die Satzung bestimmt etwas anderes.

Im Gegensatz zur GbR bedarf es jedoch – unabhängig von der tatsächlichen Vertretungsregelung bei der Gesellschaft –  nach Ansicht des BGH keines klarstellenden Zusatzes oder der Verwendung eines „Firmenstempels“ bei Unterzeichnung nur eines Geschäftsführers oder Vorstands.

Anders als bei der GbR sieht das Gesetz bei diesen beiden Kapitalgesellschaften grundsätzlich die Möglichkeit vor, dass nur eine Person die Gesellschaft vertreten kann. Somit bestehen in dieser Konstellation keine Zweifel an der Vollständigkeit der Vertragsurkunde.

Was ist gilt bei der Genossenschaft?

Aus den Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 06.11.2020 kann entnommen werden, dass auch bei der eG ein klarstellender Zusatz erfolgen müsste. Die eG wird grundsätzlich von mindestens zwei Vorständen gemeinschaftlich vertreten, soweit die Satzung keine andere Regelung bestimmt (§ 24 Abs. 2, § 25 Abs. 1 GenG). Erst durch das Unterschreiten von 20 Mitgliedern kann die Satzung bestimmen, dass der Vorstand nur aus einer Person besteht.

Fazit und Empfehlung

Die Ausführungen gelten nicht nur für Landpachtverträge, sondern sind aufgrund des identischen Regelungscharakters auch auf alle Miet- und allgemeine Pachtverträge zu übertragen. Über die vom Bundesgerichtshof getroffenen Differenzierungen kann sich weiterhin unter Juristen gestritten werden. Die Praxis hat sie jedoch zu beachten.

Bei der GbR und der eG sollte, wenn nur eine Person den Vertrag unterschreibt, darauf geachtet werden, im Vertragsrubrum die Vertretung/ Ermächtigung zu benennen, z. B.:

„GbR / eG“ vertreten durch den ermächtigten Gesellschafter (bzw. Vorstand) Vor- und Zuname

Auch der beliebte „Firmenstempel“ kann bei der Vertragsunterzeichnung und nicht erst nachträglich verwendet werden, wenn der Unterschreibende nicht seiner Unterschrift „zugleich oder auch i. V.“ beifügen möchte.

Für Landwirte und Gewerbetreibende scheint dieser Aufwand reiner Formalismus zu sein, jedoch kann der wirtschaftliche Schaden bei einer ordentlichen Kündigung eines eigentlich auf 10, 20 oder 30 Jahre abgeschlossenen Vertrages erheblich sein.

Meist wird die ordentliche Kündigung erst Jahre später durch den Rechtsnachfolger (Erbe/ Erwerber) erklärt, der den bestehenden Vertrag übernehmen musste.

Abschließend ist zu beachten, dass auch bei jeder wesentlichen Vertragsänderung, z. B. Verlängerung der Pachtdauer oder  Erhöhung der Pacht, die Schriftform eingehalten werden muss. Anderenfalls droht die Aufhebung der Schriftform.

***Hinweis:  Der Gesetzgeber plant eine Reform der GbR-Regelungen, die auch die Möglichkeit der Registereintragung beinhaltet. Was danach zu beachten ist, wird zu gegebener Zeit in einem Blog-Beitrag erläutert.

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Rechtsanwalt_ Schulz_Hendrik_Leipzig_