Häufige Fragen im Landpachtrecht

In Vorträgen oder auch Beratungsgesprächen tauchen wiederkehrende Einzelfragen zum Landpachtrecht auf, die ich nachfolgend kurz vorstellen und beantworten möchte. Die gewählte Darstellung kann nicht alle denkbaren Konstellationen zur jeweiligen Fragestellung abdecken und entbindet daher nicht von einer Einzelfallprüfung.

Sind mündlich abgeschlossene Verträge unwirksam?

Nein. Das Landpachtrecht fordert keinen Formzwang zur Wirksamkeit eines Vertrages. Anders z. B. beim Grundstückskauf (§ 311b BGB), bei dem die notarielle Beurkundung notwendig ist. Einzig beim Verkauf mit Rückpacht (sale and lease-back) besteht auch für den eigentlich formlosen Landpachtvertrag die Beurkundungspflicht.
Mündliche Landpachtverträge laufen auf unbestimmte Zeit. Sie müssen jedoch schriftlich unter Einhaltung einer gesetzlichen Frist von ~ zwei Jahren zum Schluss des Pachtjahres gekündigt werden (dazu sogleich).

Zur Wahrung der Schriftform ausführlich im Beitrag „Landpachtvertrag – und täglich grüßt die Schriftform?

Kann der Verpächter den Landpachtvertrag widerrufen?

Ein gesetzliches Widerrufsrecht für Verpächter besteht nicht. Nach § 312 BGB besteht ein Widerrufsrecht (§ 312g BGB) für Verbraucher nur bei Verbraucherverträgen, bei denen sich der Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet. Beim Landpachtvertrag verpflichtet sich der Verpächter zur Überlassung von Grundstücken. Daher scheidet das Widerrufsrecht bereits aus. Für Verträge, die vor dem 13.06.2014 geschlossen wurden, bestand bis zum 27.06.2015 aufgrund der früheren Rechtslage ein Widerrufsrecht für Verpächter, wenn sie Verbraucher (§ 13 BGB) waren.
Ein im Vertrag gewährtes Widerrufsrecht kann je nach Ausgestaltung einen Widerruf ermöglichen, ungeachtet der Verbrauchereigenschaft.

Muss ich einen Landpachtvertrag genehmigen lassen?

Nein. Es besteht nur eine Anzeigepflicht des Verpächters gegenüber der Landwirtschaftsbehörde des jeweiligen Bundeslandes nach dem Landpachtverkehrsgesetz, soweit die im jeweiligen Bundesland geltenden Freigrenzen überschritten werden und kein Vertrag zwischen Ehegatten, Verwandten oder Verschwägerten geschlossen wurde. Dies gilt auch für mündliche Vertragsabschlüsse.
Die Anzeige kann auch der Pächter vornehmen, was in der Regel der Fall ist. Die Nichtanzeige ist sanktionslos. Einzig bei einem gerichtlichen Pachtanpassungsverlangen (§ 593 BGB) ist die (nachholbare) Anzeige Verfahrensvoraussetzung (§ 9 LPachtVG).

Die Landwirtschaftsbehörde prüft nicht die Wirksamkeit des Vertrages oder Einhaltung der Schriftform. Die Behörde kann lediglich den Vertrag innerhalb der gesetzlichen Grenzen von § 4 Landpachtverkehrsgesetz beanstanden, wenn sich durch die Vertragsgestaltung agrarstrukturelle Fehlentwicklungen abzeichnen.

Kann ein Vertrag auch auf 150 Jahre oder auf Lebenszeit geschlossen werden?

Ja, beides ist möglich. Bei Laufzeiten von mehr als 30 Jahren steht beiden Vertragsparteien ein gesetzliches, nicht abdingbares Recht zur ordentlichen Kündigung nach 30 Jahren zu (§ 594b BGB). Dieses Recht ist nur ausgeschlossen, wenn der Vertrag auf die Lebenszeit des Verpächters oder Pächters geschlossen wurde.

Gibt es Vorgaben über die Pacht (Pachtzins)?

Die Pacht (=Pachtzins) wird grundsätzlich frei vereinbart. Es besteht keine Pflicht, die Pacht nach Nutzungsarten, Bonität oder Flächengröße zu bestimmen. Es kann auch ein Festbetrag vereinbart werden. Im Rahmen des Anzeigeverfahrens nach dem Landpachtverkehrsgesetz kann die Landwirtschaftsbehörde den Vertrag beanstanden, wenn die Pacht nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Ertrag steht, der bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig zu erzielen ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 LPachtVG).
Der Pachtzins hängt inzwischen von vielen Faktoren ab und wird auch nach dem Prinzip „Angebot und Nachfrage“ bestimmt. Die Höhe der Pacht unterliegt auch regionalen unterschieden. Die von den örtlichen Landwirtschaftsbehörden erfassten und veröffentlichten Pachtübersichten können einen ersten Eindruck über die örtliche Pacht geben. Da es keine gesetzlichen Vorgaben zur Datenerfassung und -aufbereitung gibt und die Nichtanzeige von Pachtverträgen sanktionslos ist, kann die Datenlage nicht als verbindlich betrachtet werden. Um die Marktlage bei Neuverpachtungen in Erfahrung zu bringen, kann auch eine private Ausschreibung in der regionalen Presse oder in landwirtschaftlichen Fachzeitschriften erfolgen.

Habe ich als Pächter ein Vorkaufsrecht?

Es kommt darauf an: Der Begriff Vorkaufsrecht wird im allgemeinen Sprachgebrauch oft mit einem (vertraglichen) Andienungsrecht verwechselt. Vorkaufsrecht bedeutet, dass ein zum Vorkauf Berechtigter in einen wirksam geschlossenen Kaufvertrag zu den dort geschlossenen Bedingungen „eintritt“ (§ 463 BGB). Ein gesetzliches Vorkaufsrecht existiert nicht. Das Vorkaufsrecht nach dem Reichsiedlungsgesetz ermöglicht Landwirten selbst kein direktes Vorkaufsrecht.

Einige Landwirte haben in Pachtverträgen ein vertragliches Vorkaufsrecht vereinbart. Dabei drohen mehrere Probleme. In der Regel wird der Fehler gemacht, dieses Vorkaufsrecht nicht notariell beurkunden zu lassen. Dies wäre jedoch zwingende Voraussetzung, anderenfalls ist die Abrede nichtig (§§ 311b BGB, 125 BGB). Soweit die Beurkundung unterlassen wurde, stellt sich häufig die Frage, ob nur die Abrede über das Vorkaufsrecht oder der Landpachtvertrag insgesamt nichtig ist. Auch wenn es stets auf den Einzelfall ankommt, tendiert die Rechtsprechung für eine Teilnichtigkeit des Vorkaufsrechts und auf eine Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen, vgl. OLG Celle, Urt. v. 18.03.2020 – 7 U 1813/19 (L).

Vielfach möchten Pächter jedoch über die Verkaufsabsicht vor dem Kaufvertragsschluss mit einem Dritten vom Eigentümer informiert werden (Andienungs-/Informationsrecht). Um Fehlern und Problemen vorzubeugen, bedarf eine derartige Ausgestaltung in der Regel anwaltlichen Rats.

Was ist bei der Kündigung zu beachten?

Die Kündigung (ordentlich und außerordentlich) muss, auch bei mündlich abgeschlossenen Landpachtverträgen, schriftlich von der jeweiligen Partei erklärt werden (§ 594f BGB). Soweit mehrere Personen auf Verpächter- oder Pächterseite vorhanden sind, sind die gleichen Voraussetzungen zur Schriftform wie beim Abschluss langfristiger Verträge zu beachten. Wenn ein Bevollmächtigter (Ehepartner oder Geschwister) die Kündigung erklärt, ist zur Vermeidung einer Rückweisung die Vollmachtsurkunde im Original und nicht nur in Kopie vorzulegen. Dies gilt auch bei der Anwaltsvollmacht.

Die Kündigungsfrist bei mündlichen Verträgen oder mit unbestimmter Laufzeit richtet sich nach § 594a Abs. 1 BGB. Die Kündigung muss der anderen Vertragspartei bis zum dritten Werktag des Pachtjahres zum Schluss des nächsten Pachtjahres (~2 Jahre) zugehen. In schriftlichen Verträgen kann die Kündigungsfrist auch verkürzt werden. Auf die Schriftform kann jedoch nicht verzichtet werden.

Zugang bedeutet, dass die Kündigung in den Machtbereich des Empfängers gelangen muss. Dies kann durch persönliche Übergabe oder durch Boten, Gerichtsvollzieher oder die Post erfolgen. Das beliebte Einschreiben (mit oder ohne Rückschein) ist keine Zugangsgarantie. Bei einer Zustellung per Einschreiben mit Rückschein gilt das Schreiben erst mit der Abholung bei der Post als zugestellt. Holt der Empfänger das Schreiben erst später ab, kann die Frist verstrichen sein. Beim Einwurfeinschreiben wird häufig der Inhalt des Briefumschlags zum Streitthema. Ob dort eine Kündigung oder ein „Liebesbrief“ enthalten war, ist von der kündigenden Person zu beweisen.

Grundsätzlich beendet eine außerordentliche Kündigung, z. B. Zahlungsverzug der Pacht, das Pachtverhältnis mit Zugang der Kündigung. Davon ausgenommen sind die Fälle, in denen das Pachtverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt wird. Die Kündigung ist nur für den Schluss eines Pachtjahres zulässig und muss bis zum dritten Werktag des halben Jahres erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll (§ 594a Abs. 2 BGB). Als gesetzliche Gründe gelten z. B. Betriebsübergabe nach § 593a BGB, Berufsunfähigkeit § 594c BGB, Beendigung des Nießbrauchs § 1056 Abs. 2 BGB oder Insolvenz des Verpächters § 109 Abs. 1 InsO.

Sonderkündigungsrechte außerhalb von Verträgen sieht das Gesetz z. B. bei Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 7 Reichsiedlungsergänzungsgesetz oder bei Zwangsversteigerungen (§ 57a ZVG) vor. Die Teilungsversteigerung, z. B. bei einer Erbauseinandersetzung ist davon ausgenommen (§ 183 ZVG).

Kann der Verpächter wegen Eigenbedarfs oder Nutzungsänderung in Bauland kündigen?

Es kommt darauf an: Ein gesetzliches außerordentliches Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs oder der Nutzungsänderung in Bauland besteht nicht. Der im Wohnraummietrecht geltende Eigenbedarfsgrund nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB findet im Landpachtrecht keine Anwendung, § 581 Abs. 2 BGB – vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urt. v. 22.09. 2016 – 5 U (Lw) 19/16.
Allerdings kann im Landpachtvertrag ein vertragliches Sonderkündigungsrecht für den Fall von Eigenbedarf vereinbart werden. Dabei sollte stets auf eine genaue Formulierung geachtet werden. Häufig ist streitig, ob die Eigenbedarfskündigung im Fall der Veräußerung des Pachtgegenstandes auch dem neuen Erwerber zustehen soll. Für diesen Fall bedarf es dann ggf. einer (gerichtlichen) Auslegung des Vertrages.
Wenn eine verpachtete Fläche im Laufe der Zeit zu Bau- oder Bauerwartungsland wird und/oder der Verpächter einen Verkauf anstrebt, kann eine Kündigung auch nur aufgrund eines vertraglichen Sonderkündigungsrechts erfolgen.

Kann der Verpächter nach Ablauf des Pachtvertrages oder außerordentlicher Kündigung das Grundstück sofort in Besitz nehmen?

Nur mit Zustimmung des Pächters. Auch wenn der Pächter über die Laufzeit die Flächen nutzt, darf der Verpächter oder ein neuer Nachpächter nicht einfach die Pachtflächen bewirtschaften. Der Pächter muss seinen Besitz durch Erklärung aufgeben. Verweigert er die Rückgabe, dann muss der Verpächter die Rückgabe-/ Herausgabeklage beim Landwirtschaftsgericht erheben. Wenn der Verpächter oder Nachpächter ohne die Zustimmung oder eines rechtkräftigen Urteils die Flächen betritt oder bewirtschaftet (sog. verbotene Eigenmacht), kann der Pächter sein Besitzrecht durch eine einstweilige Verfügung schützen.

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Rechtsanwalt_ Schulz_Hendrik_Leipzig_