Überschwemmungsschäden

Die letzten drei Erntejahre waren von anhaltender Niederschlagsarmut geprägt. Gleichwohl kam es auch in dieser Zeit zu punktuellem Starkregen mit einhergehenden Überflutungen von Häuserkellern sowie Fluss- /Bachübertritten und damit auch zu Ernteschäden.

Ein Rechtsstreit vor dem Landgericht Dresden (Urt. v. 04.09.2020 – 6 O 1995/15) zu einer Überflutung eines 7 ha Weizenschlages aus dem Jahr 2014 zeigt die tatsächlichen, aber auch die rechtlichen Probleme für Landwirte exemplarisch auf.

Umgeben von Gräben und Flüssen – Wer ist für die Unterhaltung zuständig?

Im Juli 2014 stellte ein Landwirtschaftsbetrieb auf seinem Weizenschlag einen Wasserstand von 30 cm fest, obwohl Niederschläge seit Tagen nicht zu verzeichnen waren. Durch die Staunässe war die Ernte ausgeschlossen, so dass ein Privatgutachter einen Schaden von ca. 7400 € schätzte.

Der Weizenschlag liegt inmitten von zwei Gewässern I. Ordnung (Zuständigkeit des Freistaates Sachsen) kurzum: Fluss A und B sowie einem Gewässer II. Ordnung (Zuständigkeit der örtlichen Gemeinde).

Die Wassermenge im Fluss B konnte an einem Teilungswehr des Flusses A reguliert werden. Die Gemeinde sanierte zum Zeitpunkt der Überschwemmung eine Brücke über dem Fluss B, sodass an der Brücke eine Einengung des Flusslaufes auftrat. Um einen Wasserrückstau zu verhindern, sollte ein Abfluss in einen anliegenden Wassergraben (Gewässer II. Ordnung) durch ein weiteres Teilungswehr gewährleistet werden. Die Gemeinde ersuchte die für den Freistaat Sachsen für Gewässer I. Ordnung tätige Landestalsperrenverwaltung, den Abfluss in den Wassergraben der Gemeinde über das Teilungswehr vorzunehmen.

Jahreszeitbedingt traten in allen Gewässern normale Verkrautungen auf, die für einen ordnungsgemäßen Abfluss beseitigt werden müssen. Die Verkrautungen in den Flüssen A und B wurden um den Schadenstag beseitigt; jedoch nicht im Wassergraben der Gemeinde.

Als der Landwirtschaftsbetrieb die Überflutung feststellte, schloss die Landestalsperrenverwaltung den Zufluss in den Graben der Gemeinde und der Wasserstand sank daraufhin auch langsam in den Folgetagen ab. Die Ursache schien gefunden.

Verantwortungszuweisungen

Der Landwirtschaftsbetrieb begehrte von der Gemeinde eine Schadensregulierung für den Ernteausfall. Die Gemeinde lehnte den Schadensausgleich mangels einer eigenen Pflichtverletzung ab und verwies auf den Freistaat Sachsen. Schließlich habe dieser zum einen Entkrautungsmaßnahmen im Fluss B durchgeführt, die zu einer Anstauung geführt haben sollen und zum anderen sei die Wasserzufuhr am ersten Teilungswehr des Flusses A falsch bemessen worden. Auch können sich Dritte nicht auf eine Unterhaltungspflicht nach Sächsischem Wassergesetz berufen.

Nach 6 Jahren Rechtsstreit im ersten Rechtszug mit verschiedenen Gutachten zur Ursache und Schadenshöhe verurteilte das Landgericht Dresden die Gemeinde antragsgemäß und stützte den Schadensersatzanspruch auf § 823 Abs. 1 BGB (Deliktsrecht).

Amtshaftung oder allgemeines Deliktsrecht?

Die Begründung lautete: Statt eines Amtshaftungsanspruchs (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) könne im Fall einer Nicht- oder Schlechterfüllung der Unterhaltungspflicht von Gewässern ein Anspruch nach den allgemeinen Deliktsvorschriften von § 823 BGB hergeleitet werden (vgl. auch OLG Koblenz; Urt. v. 24.08.2017 – 1 U 1369/16; v. 28.06.2012– 1 U 1247/11; BGH NJW 2002, 3497).

Art und Häufigkeit der Unterhaltung richten sich in erster Linie danach, was für die Sicherstellung des Gewässerabflusses notwendig und zumutbar ist (vgl. OLG Düsseldorf 14.01.2005 – I-22 U 65/04). Der Unterhaltungszweck soll auch schädliche Auswirkungen des Wasserabflusses, etwa Überschwemmungen oder Vernässungen im Einflussbereich des Gewässers verhindern (vgl. OLG Koblenz, aaO; BGH NJW 1994, 3090).

Ausschluss der Haftung nach Sächs. Wassergesetz?

Den Einwand der Gemeinde, Dritte könnten bei Verstößen gegen die Unterhaltungspflicht keinen Rechtsanspruch herleiten (§ 32 Abs. 3 SächsWG) wies das Landgericht zurück, da dies nur den Anspruch auf Unterhaltung selbst, nicht jedoch Schadensersatzansprüche wegen Eigentumsverletzung betrifft.

Ursachen- und Schadensdokumentation

Weniger die Rechts-, sondern vielmehr die tatsächlichen Beweisfragen waren das Problem des Falls. Da sich Gerichte meist erst 1–3 Jahre nach dem Schadensereignis mit Tatsachenfragen beschäftigen und auch ein sog. selbständiges Beweisverfahren (§§ 485ff. ZPO) nicht immer in der gebotenen Kürze eingeleitet werden kann, stellt sich die Beweissituation häufig schwierig dar. Schließlich muss der Geschädigte zunächst die Pflichtverletzung und den Schaden darlegen und beweisen.

Nach Kenntnis über die Überschwemmung versuchte die Klägerin durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen, der die Flächen besichtigte und auch eine Fotodokumentation über Art und Umfang der Schäden erstellte, eine Schadensdokumentation vorzunehmen.

Die Ursache war damit noch nicht gefunden. Jedoch kann auch die Versickerung nach ein paar Tagen stärker sein und die Nachweisführung schwieriger.

Daneben hat die Klägerin mit Mitarbeitern die jeweiligen Flussläufe von A und B sowie dem Wassergraben der Gemeinde in einer Fotodokumentation festgehalten und einen Protokollvermerk über die vorgefundenen Ereignisse angefertigt.

Anhand der jeweiligen Berichte und Fotodokumentationen konnten die erst einige Jahre später beauftragten Gerichtsgutachter eine Einschätzung zur Witterungssituation und dem Pflegezustand der Gewässer vornehmen. Damit gelang es, hydraulische Berechnungen zum Wassermengenübertritt am Schadenstag sowie die Ernteausfälle darzulegen.

Die Schwierigkeiten des Falles zeigen auf, welche Handlungen bei vergleichbaren Schadensereignissen vorzunehmen sind:

  • Unverzügliche Anzeige beim Gewässerunterhaltungspflichtigen (ggf. zunächst bei der örtlichen Gemeinde)
  • Anfertigung eines Sachberichts mit Fotodokumentation über Schäden und mögliche Ursachen
  • Hinzuziehung von Zeugen z. B. Mitarbeiter/ Nachbarn (betroffene Landwirte als Einzelunternehmer oder Geschäftsführer/ Vorstände von Agrar-Gesellschaften sind keine Zeugen)
  • Hinzuziehung von landwirtschaftlichen Sachverständigen
  • Rechtsrat einholen, auch wenn auf den ersten Blick kein Streit in Sicht ist