Agri-Photovoltaik – weitere Möglichkeiten für Landwirte

Alternative Einkommensquellen sind in Anbetracht geringerer Gewinnerwartungen aus der Urproduktion für Landwirte nicht mehr wegzudenken. Direktvermarktung, Tourismus oder das breite Spektrum der erneuerbaren Energien stehen dabei seit Jahren im Fokus. Im Bereich der erneuerbaren Energien sind die Errichtungen von Biogasanlagen oder Windparks eher unattraktiv und daher rückläufig geworden. Auch von der Ausstattung von Dachflächen mit Photovoltaik-Anlagen wird in den letzten Jahren wird mehr und mehr abgesehen. Die Gründe liegen häufig im aufkommenden Missverhältnis von Nutzungsentgelt und den oftmals notwendigen, aber steigenden Sanierungskosten bei Bestandsgebäuden. Gleichzeitig wächst der politische und gesellschaftliche Druck, die „Energiewende“ zu bewältigen.

Was ist Agri-Photovoltaik?

Neben der klassischen Freiflächen-PV-Anlage wird seit ein paar Jahren verstärkt auch die sog. Agri-Photovoltaik (Agri-PV) ins Spiel gebracht. Nach der DIN Spec 91434:2021-05 wird unter Agri-Photovoltaik die kombinierte Nutzung ein und derselben Landfläche für landwirtschaftliche Produktion als Hauptnutzung und für Stromproduktion mittels einer PV-Anlage als Sekundärnutzung verstanden. Ziel dieser neuen Doppelnutzung der Fläche ist nicht nur eine gesteigerte ökologische und ökonomische Landnutzungseffizienz. Auch positive Synergieeffekte zwischen der landwirtschaftlichen Produktion und der Agri-PV-Anlage können so ausgeschöpft werden.

Flächenprämie – Sind Agri-PV-Flächen förderfähig?

Anders als bei der klassischen Freiflächen-PV-Anlage soll die landwirtschaftliche Nutzung der Agri-PV-Flächen überwiegend (bis zu 90%) aufrechterhalten werden. Gerade für Dauergrünland- oder Dauerweideflächen bietet sich dieses Model an. Auch die Agrarförderung wird in der neuen GAP-Reform 2023 eine Differenzierung zwischen Freiflächen- und Agri-PV-Anlagen in § 12 Abs. 4 Nr. 6 und 5 GAP-Direktzahlungen-Verordnung (GAPDZV) vornehmen. So sieht es der am 24.11.2021 verabschiedete Kabinettsentwurf der geschäftsführenden Bundesregierung vor. Der Bundesrat muss diesem Entwurf am 17.12.2021 noch zustimmen. Die mit den Agri-PV-Anlagen ausgestatteten Flächen sollen bis zu 85% förderfähig sein, wenn eine Bearbeitung der Fläche unter Einsatz üblicher landwirtschaftlicher Methoden, Maschinen und Geräte nicht ausgeschlossen ist. Außerdem darf die landwirtschaftlich nutzbare Fläche unter Beachtung der o.g. DIN SPEC um höchstens 15 Prozent verringert werden.
Damit wird deutlich, dass der deutsche Gesetzgeber an seiner Intention, die klassischen Freiflächen-PV-Anlagen von einer Förderfähigkeit auszuschließen (§ 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV) festhalten will. Zwar hat der VGH München mit Urteil vom 01.06.2021 – 6 BV 19.98 festgestellt, dass die mit Grünpflanzen bewachsenen Flächen einer Freiflächensolaranlage beihilfefähig im Sinn der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 sind. Hierfür muss die Schafbeweidung tatsächlich erfolgen und sie darf durch die PV-Anlage nicht stark eingeschränkt sein. Ob diese Rechtsprechung zu klassischen Freiflächen-PV-Anlagen auch zukünftig aufrechterhalten werden kann, bleibt abzuwarten.

Rechtliche Rahmenbedingungen (Bau- & Naturschutzrecht)

Agri-PV-Anlagen sind wie klassische Freiflächen-PV-Anlagen im bauplanungsrechtlichen Sinn nicht privilegiert und dürfen im unbeplanten Außenbereich (§ 35 BauGB) nicht errichtet werden. Daher bedarf es einer Bauleitplanung der örtlichen Gemeinde. Insoweit sind auch Agri-PV-Anlagen kein „Sofort-Projekt“. Daher sollten interessierte Landwirte sich frühzeitig mit der Gemeinde und dem Betreiber des Projekts austauschen.
Bei der Standortwahl sind Konflikte auch mit dem Naturschutz bereits im Vorfeld zu prüfen. In Naturschutzgebieten oder gesetzlich geschützten Biotopen sind PV-Anlagen grundsätzlich verboten. Inwieweit in anderen Schutzgebieten (bspw. Landschaftsschutzgebiete, FFH- und Vogelschutzgebiete) eine Errichtung zulässig wäre, bedarf stets der Einzelfallprüfung.

Förderung durch das EEG und ?

Die Förderung von Agri-PV-Anlagen nach dem EEG setzt die Teilnahme an Ausschreibungsverfahren nach § 37 EEG voraus. Von der Verordnungsermächtigung der Länder nach § 37c EEG (Zuschlagsvoraussetzung für benachteiligte Gebiete) haben bisher Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und seit 31.08.2021 auch Sachsen Gebrauch gemacht.
Im Rahmen der neuen Innovationsausschreibungsverordnung (InnAusV) besteht für besondere PV-Anlagen die Möglichkeit, eine höhere Vergütung als bei der Ausschreibung nach § 37 EEG zu erzielen. Als nutzbare Flächen kommen für Landwirte nur Gewässer oder Ackerflächen, nicht jedoch Dauergrünland- oder Dauerweideflächen in Betracht. Die Projekte sind allerdings auf 2-MW-Anlagen beschränkt und fordern neben der Kombination mit einer Speicherung auch eine Sicherheit von 60 € je kWp bei der Gebotsabgabe nach § 31 EEG. Allerdings wird für diese Projekte ein Zuschlag mit bis zu 7,5 Cent/kWp bis 31.12.2021 gewährt. Der reduziert sich jedoch danach um 1 Prozent je Kalenderjahr gegenüber dem im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr geltenden Höchstwert.

Betreibergesellschaft

Vergleichbar mit klassischen Freiflächen-PV-Anlagen wird auch die Agri-PV-Anlage durch eine eigene Gesellschaft betrieben. Häufig werden dabei die Rechtsformen GmbH, GmbH & Co. KG oder auch AG genutzt. Landwirte beteiligen sich hierbei nicht nur durch die Überlassung der Fläche gegen Gewährung eines Nutzungsentgeltes (Nutzungsüberlassungs- der Gestattungsvertrag). Sie sind werden mehr und mehr auch Gesellschafter dieser Betreibergesellschaft. Um das Projekt auch für Gemeinden und den ländlichen Raum attraktiver zu gestalten, werden auch sog. Bürgerfonds-Modelle berücksichtigt.

Fazit

Agri-PV-Anlagen können Teil der Energiewende sein und zur Einkommensunterstützung von Landwirten beitragen. Im Vergleich zur klassischen Freiflächenanlage verbrauchen sie weniger landwirtschaftliche Nutzfläche und fügen sich oftmals besser ins Landschaftsbild ein. Um die Genehmigungsverfahren zu erleichtern und zu beschleunigen, könnte der Gesetzgeber über eine Erweiterung der Privilegierung in § 35 Abs. 1 BauGB nachdenken.

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Rechtsanwalt_ Schulz_Hendrik_Leipzig_