„Der Weg ist das Ziel“ wird häufig mit dem konfuzianischen Geist genannt. Nun ist nicht jeder Weg gleich, erst recht nicht im rechtlichen Sinn. In Sachsen kann die Benutzung von (öffentlichen) Wegen ab dem Jahr 2023 zum Problem werden.
Straßenrecht der DDR
Befestigte und unbefestigte Wege sind im Laufe der Jahre aus unterschiedlichen Gründen angelegt worden. Folgen der Kollektivierung der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern waren auch tatsächliche Strukturveränderungen im ländlichen Wegebereich ohne einhergehende rechtliche Änderungen der Bestandsverzeichnisse der Gemeinden. Denn das Recht der DDR kannte eine förmliche Straßenwidmung nicht, entscheidend für die Einstufung als öffentliche Straße war allein die Freigabe für die öffentliche Nutzung durch die zuständigen Stellen, meistens der tatsächliche Anschluss an das bestehende Straßennetz (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.10.2002 – 8 C 24.01).
Straßengesetze neue Bundesländer – Widmungsfiktion
Dieser Umstand wird auch mit dem Inkrafttreten der Straßengesetze der neuen Bundesländer Anfang der 90er Jahre deutlich. Öffentliche Straßen sind diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind (§ 2 SächsStrG – Sächsisches Straßengesetz). Die Widmung ist ein Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung, durch die Straßen, Wege und Plätze die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhalten (§ 6 Thüringer StrG).
Soweit eine Widmung nicht festgestellt werden kann, gilt in allen fünf neuen Bundesländern eine Fiktion entsprechend von § 52 Abs. 6 ThürStrG (Thüringer Straßengesetz) oder § 53 SächsStrG. Wenn diese Straßen entsprechend §§ 3, 4 der DDR-Verordnung über die öffentlichen Straßen (Straßenverordnung v. 22.08.1974) als öffentlich bezeichnet waren, greift die Widmungsfiktion, so dass die Wege öffentlich sind. Bei noch älteren Wegen/Straßen, die bereits vor dem 01.01.1975 von der Öffentlichkeit genutzt wurden, findet die Straßenverordnung der DDR vom 18.07.1957 Anwendung.
Somit sind auch die zu diesem Zeitpunkt als öffentlich bezeichneten Straßen von der Widmungsfiktion erfasst.
Ob eine Straße entsprechend der zuvor genannten Regelungen als öffentlich bezeichnet werden kann, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen. Im Kern geht es darum, ob die Straße durch die Öffentlichkeit und nicht nur durch wenige Verkehrsteilnehmer genutzt werden konnte. Dabei ist zu ermitteln, ob über einen entsprechenden Zeitraum die jeweilige Straße durch Verkehrsteilnehmer benutzt wurde und die entsprechenden Rechtsträger bzw. Eigentümer dieser Nutzung nicht widersprochen haben (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.12.2016 – OVG 1 B 4.16; Verwaltungsgericht Gera vom 05.12.2016 – 3 K 631/16 Ge).
Gesetzesänderung mit Auswirkungen ab 2023
Auch im Bundesland Sachsen galt diese Widmungsfiktion bis zur Änderung des Sächsischen Straßengesetzes vom 11.05.2019. Straßen, Wege und Plätze verlieren den Status als öffentliche Straße, wenn sie nicht bis zum Ablauf des 31.12.2022 in ein Bestandsverzeichnis aufgenommen wurden (§ 54 Abs. 3 SächsStrG n.F.). Wer ein berechtigtes Interesse an der Eintragung als Straße, Weg oder Platz hat, muss dies der Gemeinde schriftlich bis zum 31.12.2020 mitteilen. Die Gemeinden hatten auf diese Fristen bis zum 30.06.2020 öffentlich hinzuweisen. Nach Ablauf des 31.12.2022 oder nach Abschluss eines entsprechenden Antragsverfahrens ist die Eintragung in ein Straßenbestandsverzeichnis nur nach erfolgter Widmung gemäß § 6 des SächsStrG zulässig.
Der Sächsische Gesetzgeber verfolgt mit dieser Änderung eine Rechtsbereinigung und Rechtssicherheit. Gleichwohl ist die gesetzgeberische Intention mit einem erheblichen Risiko für Grundstückseigentümer und den Tourismus im ländlichen Raum verbunden. Eine Initiative des Vereins „SACHSENS WEGE“ weist auf die erhebliche Rechtsänderung und die damit verbundenen Gefahren hin, um sowohl die Bevölkerung im ländlichen Raum als auch die politischen Entscheidungsträger auf die Sensibilität der Angelegenheit hinzuweisen.
Sollte der Gesetzgeber die Regelung nicht verlängern, so ist nach dem 31.12.2022 zu befürchten, dass der private Schlagbaum oder andere Begrenzungen von dann nicht mehr öffentlichen Wegen durch die Eigentümer gesetzt werden, so dass die Zuwegung zu landwirtschaftlichen Nutzflächen oder auch anderen früheren öffentlichen Orten nicht mehr gewährleistet ist.